Realien: Materialien von Anton Hafner (KZU Bülach)

 

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NZZ 13. Dezember 2000

Die Artikel

 

100 Jahre Quantentheorie

Als der vielseitig begabte Max Planck im Jahr 1874 vor der Entscheidung stand, welche Ausbildung er wählen solle, wurde ihm von einem Studium der Physik abgeraten. In der Physik sei doch alles schon erforscht, lautete der Einwand, der ausgerechnet von einem Physiker vorgebracht wurde. Es darf als Glücksfall betrachtet werden, dass Planck den düsteren Aussichten zum Trotz seinen naturwissenschaftlichen Neigungen folgte.

Denn die Quantentheorie, zu der Planck vor hundert Jahren den entscheidenden Anstoss gab, hat die klassische Physik des 19. Jahrhunderts auf eine nicht für möglich gehaltene Art und Weise revolutioniert. Obwohl man die Quantentheorie vornehmlich mit mikroskopisch kleinen Objekten wie Elektronen und Atomen assoziiert, ist ihr unterschwelliger Einfluss weitreichender, als man denkt. Ohne Quantentheorie gäbe es heute keine Kernenergie, keine Atomuhren und keine Solarzellen. Auch Transistoren und Laser, also wesentliche Komponenten der Informationstechnologie, beruhen auf den Prinzipien der Quantentheorie. Insgesamt, so haben Ökonomen berechnet, sind 23 Prozent des amerikanischen Bruttosozialprodukts auf Technologien zurückzuführen, die auf der Quantentheorie fussen.

Der Erfolg alleine kann allerdings nicht erklären, warum von der Quantentheorie auch heute noch eine solche Faszination ausgeht. Die Gründe hierfür sind vielmehr in den erbittert geführten Debatten zu suchen, wie die Quantentheorie zu interpretieren ist, welches Bild von der Wirklichkeit sie also vermittelt. Diese Frage trieb schon Einstein und Bohr um, und sie konnte bis heute nicht definitiv beantwortet werden. Dass solche philosophischen Diskussionen nicht nutzlos sind, beweisen die Entwicklungen der letzten Jahre. Ohne die Erkenntnis, dass es in der Natur nichtlokale Zusammenhänge gibt, gäbe es das noch junge Arbeitsgebiet der Quanteninformatik nicht, das uns einst Quantencomputer und absolut sichere Verschlüsselungsmethoden bescheren könnte.

Welche Überraschungen die Quantentheorie sonst noch parat hält, lässt sich heute nicht erahnen. Ganz sicher gibt es jedoch auch im kommenden Jahrhundert noch einiges zu entdecken - erinnert sei nur an das ungelöste Problem, eine Verbindung zwischen Quantentheorie und allgemeiner Relativitätstheorie herzustellen. Deshalb sind auch jene Unkenrufe unangebracht, die der Physik in Zukunft nur noch eine Statistenrolle in den Naturwissenschaften zubilligen.

Spe.

 

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