Ungewöhnliche Ausbrüche
1.4.2003
Weiterhin fliessen Lavaströme aus einer Reihe von Öffnungen unterhalb des NE-Kraters. Auf 600 m ü.M. wird ein kleines Lavafeld aufgefüllt. Von dort aus gehen immer wieder Bergstürze über die Sciara del Fuoco nieder. Manchmal sind die Blöcke heiss, manchmal auch schon abgekühlt. Gelegentlich gehen die Bergstürze mit einem merkwürdigen, zischenden Geräusch nieder, das an Entgasungsereignisse an den Kratern erinnert.
Logistik: Es dürfen nun auch Nicht-Einheimische wieder auf Stromboli landen. Es ist aber nach wie vor verboten, den Vulkan bis zum Gipfel zu besteigen. Die Grenze wurde durch den Zivilschutz beim Ende des Strässchens oberhalb Semaforo Labronzo auf 273 m.ü.M. festgesetzt. Von dort hat man allerdings bereits eine gute Sicht auf die Sciara und die Bergstürze, von denen viele nachts glühen. Wir machen darauf aufmerksam, dass fast täglich, allerdings auf Italienisch.
4.1.2003 bis 23.1.2003
Der Lavastrom auf der Sciara del Fuoco fliesst weiterhin durch die Vertiefung, welche der Bergsturz am 30. Dezember 2002 verursacht hatte. Zu verschiedenen Zeiten veränderten sich die Austrittstellen, waren aber immer mindestens mehrere Dutzend Meter tiefer als die eigentliche Kraterzone. In den letzten Tagen war die aktive Quelle der Lava auf 500 m.ü.M. Dies zeigt den tiefen Lavapegel in den Schloten an. Deshalb gibt es an den Gipfelkratern derzeit auch keine Ausbrüche. Über die Sciara, die nach dem Bergsturz immer noch sehr instabil ist, gehen nach wie vor zahlreiche kleinere Felsabbrüche nieder. Diese können mit den seismischen Messinstrumenten registriert werden.
28.12.2002 bis 3.1.2003
Texte folgen nach den Bildern und Karten.
Klicken Sie auf die kleinen Bilder: um grosser Versionen zu sehen! Dampf- und Aschewolke nach dem Niedergang der Bergstürze in der Sciara del Fuoco; von Stromboli Dorf aus aufgenommen am 30. Dezember 2002. Danke Sergio Ballarò! |
(4 Bilder) Wir erhielten diese Aufnahmen von Gianfranco Cincotta (danke!) aber kennen den Bildautor nicht. Da sie sehr interessant sind, zeigen wir sie dennoch, bitten aber den Autor sich zu melden, damit wir das Copyright korrekt angeben können. |
(3 Bilder) Vom Bergsturz ausgelöste Aschewolke und Menschen, die vor dem Tsunami flüchten; Fotos Copyright Philippe Guillemin. Philippe berichtet, dass zwei Wellen im Abstand von etwa 20 Sekunden eintrafen. Alles verlief geräuschlos, also ohne Vorwarnung. |
Aktive Lavaströme am 30. Dezember 2002 um 11h30 Lokalzeit (rot) und am 31. Dezember 2002 (violett). Gezeichnet nach Karten von INGV-Catania. |
Bergstürze von der Sciara del Fuoco am 30. Dezember 2002 um 13:15 und 13:22. Gezeichnet nach Karten von INGV-Catania. |
Illustration der Ausbreitung des Tsunamis, nachdem die Bergstürze ins Meer niedergegangen waren. Hinweis: Dies ist keine Computersimulation sondern lediglich eine von Hand erstellte, geschätzte Skizze der Situation. |
Es folgt eine Zusammenfassung der Ereignisse auf Stromboli seit dem 29.12.2002. Sie basiert weitgehend auf einem Bericht von Dr. Sonia Calvari, Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia, 95123 Catania auf dem VOLCANO Listserver:
Die effusive Eruption von der Basis des NE-Kraters begann am 28. Dezember und hörte zunächst nach einem Tag wieder auf. Am 29 Dez. zeigten aus dem Helikopter aus aufgenommene Thermalbilder drei Lavaströme auf der östlichen Sciara del Fuoco, welche das Meer innerhalb von 30 Minuten erreichten. An der Küste hatten sie eine Gesamtbreite von 300 m.Ein maximal 200 m langer Lavastrom bildete sich wieder am 30. Dez., und füllte eine kleine Vertiefung in der oberen Sciara del Fuoco auf, als er um 11:30 beobachtet wurde. Plötzlich ereigneten sich um 13:15 und 13:22Lokalzeit am 30. Dezember in der Sciara del Fuoco zwei Bergstürze. Sie erreichten das Meer und verursachten auf der SE-Seite der Insel einen Aschefall. Die Asche hatte nichts mit der eruptiven Tätigkeit des Vulkans zu tun sondern entstand ausschliesslich durch die Reibung innerhalb der niedergehenden Felssturzmasse. Der erste Bergsturz hatte etwa 600,000 m3, der zweite etwa 5,000,000 m3 Volumen. Sowohl der Lavastrom vom 28. Dezember als auch ältere Lava darunter wurden mitgerissen.
Beim Eintauchen ins Meer entstanden zwei Tsunamis, die an den bewohnten Küsten Strombolis zunächst einen Rückgang des Meeres und anschliessend mehrere Meter hohe Wellen verursachten. Diese wiederum beschädigten Boote in Stromboli und Ginostra sowie Gebäude in Stromboli. Es wurden sogar einige Personen verletzt. Grosse Wellen gab es sogar noch in Milazzo, an der Nordküste Siziliens, in einer Entfernung von 60 km von Stromboli.
Die Gipfelkrater Strombolis brechen seit dem Beginn der effusiven Eruption nicht mehr aus. Es gab weder grosse Explosionen noch Erdbeben. In früheren Jahren ereigneten sich Tsunamis auf Stromboli 1930, 1944 und 1954. Diese hingen mit paroxysmaler eruptiver Tätigkeit, Bergstürzen in der Sciara del Fuoco oder Glutlawinen zusammen. Bisher wurde aber noch nie beobachtet, dass Tsunamis durch Lavaströme und anschliessende Bergstürze verursacht wurden. Am 1. Januar 2003 floss in der Sciara del Fuoco immer noch ein schmaler Lavastrom.
Pressebilder von Corriere della Sera, Villa, AP-Fotos.
ObenVom Tsunami verursachte Schäden entlang der Küste bei Scari, Stromboli. LinksLavastrom, der unterhalb der Sciara del Fuoco ins Meer eintritt. Undatiertes Foto. |
Weitere Details wurden von Klaus Jäger, Tom Pfeiffer und den Vulkanführern Antonio Famularo und Nino Zerilli übermittelt: Ein Grossteil der Bevölkerung von Stromboli wurde evakuiert. Am 31.12.2002 gab es Panik, weil nasse, auf das Dorf Stromboli niedergehende Asche einen grossen Ausbruch in der Gipfelregion vermuten liess. Die Asche stammte aber nur von den Bergstürzen in der Sciara del Fuoco, und wurde vom Wind verfrachtet und kam mit dem Regen herunter. Es gab klar keine Gipfeleruption.
28. Dezember 2002
Gekürzter Bericht von Sonia Calvari, Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia, über VOLCANO Listserver: "Am 28. Dezember erreichten Bomben Höhen von bis 200 m über dem Nordostkrater, und der Magmaspiegel schien sehr hoch zu stehen. Diese Tätigkeit fand ihren Höhepunkt um 18:30mit einer kräftigen Explosion, die Aschefall im Dorf Stromboli verursachte. Gleichzeitig öffnete sich an der Basis des NE-Kraters eine Spalte, die in Richtung NE-SW verlief. Daraus trat ein Lavastrom hervor, der in drei Armen über die Sciara del Fuoco hinunter lief. Nach 30 Minuten hatte er bereits das Meer erreicht (Distanz 1 km). Die Breite betrug an der Küste 300 m, war aber weiter oben an der Sciara del Fuoco viel schmaler.Livecambild (INGV), das die Reflexion des Glühens des Lavastroms an tiefen Wolken (oben) und am Dampf aus den Kratern (Mitte und unten) zeigt. |