Realien: Materialien von Anton Hafner (KZU Bülach)

 Quelle:

Neue Zürcher Zeitung WOCHENENDE Samstag/Sonntag, 21./22. Juli 1990 Nr. 167  72

 

Einladung zum Irrgang (III)

Noble
Labyrinthe

Text und Aufnahmen von Georg Gerster

Was das Labyrinth im Laufe der Zeit an Symbolträchtigkeit einbüsste, ersetzte es mit Lustgewinn aus dem Verwirrspiel. Auch die Heckenlabyrinthe, die seit 1500 beliebt wurden, waren anfangs noch Einweglabyrinthe, aber bald wurden sie wirkliche Irrgärten, in denen man sich verlieren konnte - nicht unbedingt ein Nachteil, flirtende Benützer wussten solche Liebeslabyrinthe zu schätzen. Die englischen Labyrinthentwerfer, die heute den Ton angeben, nennen Heckenlabyrinthe «nobel». Damit spielen sie nicht etwa auf deren ehemaligen Gebrauch zum Getändel vorwiegend Blaublütiger an - nobel sind sie vielmehr, weil sie lebendig sind, wachsen, in die Jahre kommen und ständiger Pflege bedürfen. Viele bedeutende Gartenlabyrinthe Kontinentaleuropas gingen während des Zweiten Weltkriegs und unmittelbar darnach an Verwahrlosung ein.

Ein Postskriptum in eigener Sache: Wer Labyrinthe von oben photographiert, handelt sich leicht den Vorwurf ein, Spielverderber zu sein; ein Flugbild ist soviel wie der Faden der Ariadne. Aber ich plädiere für mildernde Umstände: Das Flugbild bringt ja auch spielverderberische Gebrauchsspuren an den Tag: Schummelnde Labyrinthgänger und gärtnerischer Irrtum, der nachträglich die Lücken aus Abkürzungen sanktioniert, ruinieren - so bei dem auf dieser Seite abgebildeten Harmonisten-Irrgarten - jeden Irrgang.

Bild

Labyrinth in Hampton Court bei London (36KB)

Bild

Irrgarten in Hever Castle, Kent (26KB)

Bild

«Jubilee Maze» bei Ross-on-Wye, Grafschaft Hereford (36KB)

Bild

New Harmony im US-Staat Indiana (45KB)

Bild

Glendurgan bei Falmouth in Cornwall, England (38KB)


Labyrinthe, die gar keine sind | Thumbnails | Designer-Labyrinthe
Liste ohne Thumbnails