Realien: Materialien von Anton Hafner (KZU Bülach)

 Quelle:

Neue Zürcher Zeitung WOCHENENDE Samstag/Sonntag, 14./15. Juli 1990 Nr. 161  82

 

Einladung zum Irrgang (II)

Labyrinthe,
die gar keine sind

Text und Aufnahmen von Georg Gerster

Bei dem (zeitlich und geographisch) am weitesten verbreiteten Labyrinthtyp wäre Theseus ohne den Faden der Ariadne ausgekommen: Der Pfad führt auf dem grösstmöglichen Umweg, aber ohne verwirrende Verzweigungen in den Mittelpunkt. Nach einer Kehrtwendung findet der Labyrinthgänger ebenso umständlich wie mühelos wieder zum Eingang zurück. Solche Einweglabyrinthe - also Labyrinthe, die eigentlich gar keine sind - erscheinen auf Silbermünzen aus Knossos, auf Felszeichnungen der Alten und der Neuen Welt, auf etruskischen Weinkrügen und in römischen Gräbern, in Indien, Afghanistan und Indonesien. Das Christentum adoptierte die uralte Sinnfigur mit Bodenzeichnungen in Kathedralen oder im Freien mit Rasenlabyrinthen: Nun symbolisierte der gewundene Pfad den Weg zu Christus, zum Heil und ins Paradies. Nicht weniger sind die Steinlabyrinthe, von denen sich in Nordeuropa und in der Sowjetunion ein halbes Tausend erhalten haben, Einweglabyrinthe. Häufig heissen sie «Trojaburg»: In ihr - so mehrfach belegtes Brauchtum - wartete eine Dorfschöne auf ihren Befreier, der ihr auf dem hinhaltenden Pfad entgegeneilte.

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Labyrinth auf der Jungfrauinsel im Kalmar-Sund (60KB)

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Västeras, Schweden (35KB)

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Zürich, Augustinergasse 6 (20KB)

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Hemet, Kalifornien (39KB)

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Saffron Walden, England (36KB)

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Breamore Down, England (38KB)

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Henley-onThames. England (53KB)


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