Realien: Materialien von Anton Hafner (KZU Bülach)
Über die Natur der Dinge von Lukrez ( 97 - 55 v. Chr.)
Aeneadum genetrix, hominum divomque
         voluptas, alma Venus, caeli subter labentia
         signa quae mare navigerum, quae terras
         frugiferentis concelebras, per te quoniam genus omne
         animantum concipitur visitque exortum lumina
         solis: te, dea, te fugiunt venti, te nubila
         caeli adventumque tuum, tibi suavis daedala
         tellus summittit flores, tibi rident aequora
         ponti placatumque nitet diffuso lumine
         caelum. nam simul ac species patefactast verna
         diei et reserata viget genitabilis aura
         favoni, aëriae primum volucris te, diva,
         tuumque significant initum perculsae corda tua
         vi. inde ferae pecudes persultant pabula
         laeta et rapidos tranant amnis: ita capta
         lepore te sequitur cupide quo quamque
         inducere pergis. denique per maria ac montis fluviosque
         rapacis frondiferasque domos avium camposque
         virentis omnibus incutiens blandum per pectora
         amorem efficis ut cupide generatim saecla
         propagent. quae quoniam rerum naturam sola
         gubernas nec sine te quicquam dias in luminis
         oras exoritur neque fit laetum neque
         amabile quicquam, te sociam studeo scribendis versibus
         esse, quos ego de rerum natura pangere
         conor Memmiadae nostro, quem tu, dea,
         tempore in omni omnibus ornatum voluisti excellere
         rebus. quo magis aeternum da dictis, diva,
         leporem. effice ut interea fera moenera
         militiai per maria ac terras omnis sopita
         quiescant; nam tu sola potes tranquilla pace
         iuvare mortalis, quoniam belli fera moenera
         Mavors armipotens regit, in gremium qui saepe
         tuum se reiicit aeterno devictus vulnere
         amoris, atque ita suspiciens tereti cervice
         reposta pascit amore avidos inhians in te,
         dea, visus eque tuo pendet resupini spiritus
         ore. hunc tu, diva, tuo recubantem corpore
         sancto circum fusa super, suavis ex ore
         loquellas funde petens placidam Romanis,
         incluta, pacem; nam neque nos agere hoc patriai
         tempore iniquo possumus aequo animo nec Memmi clara
         propago talibus in rebus communi desse
         saluti. [omnis enim per se divum natura
         necessest immortali aevo summa cum pace
         fruatur semota ab nostris rebus seiunctaque
         longe; nam privata dolore omni, privata
         periclis, ipsa suis pollens opibus, nihil indiga
         nostri, nec bene promeritis capitur nec
         tangitur ira. ] quod superest <nobis> vacuas
         auris <animumque> semotum a curis adhibe veram ad
         rationem, ne me dona tibi studio disposta
         fideli, intellecta prius quam sint, contempta
         relinquas. nam tibi de summa caeli ratione
         deumque disserere incipiam et rerum primordia
         pandam, unde omnis natura creet res, auctet
         alatque quove eadem rursum natura perempta
         resolvat, quae nos materiem et genitalia corpora
         rebus reddunda in ratione vocare et semina
         rerum appellare suemus et haec eadem
         usurpare corpora prima, quod ex illis sunt
         omnia primis. Mutter der Römer du, du Wonne der
         Götter und Menschen, holde Venus, die unter den gleitenden
         Zeichen des Himmels du das schiffbelebte Meer, die
         saatentragenden Lande füllest mit Leben, da durch dich
         doch alles Belebte wird empfangen und schaut, entstanden,
         das Leuchten der Sonne - vor dir, Göttin, fliehen die
         Winde, die Wolken des Himmels vor dir und deinem Kommen, dir schickt
         duftende Blumen Künstlerin Erde, dir lacht hell
         die Fläche des Meeres, und der Himmel strahlt dir sanft von
         Licht übergossen. Kaum ist nämlich der lenzliche
         Anblick des Tages eröffnet und, entriegelt, herrscht das
         trächtige Wehen des Zephyrs, zeigen die Vögel zuerst in der
         Luft, dich, Göttin, und deine Ankunft an, das Herz erschüttert
         von deinen Gewalten. Dann durchtobt das Wild und das Vieh
         die üppigen Weiden, schwimmt durch reissenden Strom: von
         deinem Liebreiz gefangen folgt so jedes dir nach voll Begier,
         wohin du es leitest. Schliesslich durch Meer und Berg und
         hin durch reissende Ströme, durch der Vögel belaubtes Heim
         und grünende Fluren schüttest du allen ins Herz die
         sanft erregende Liebe, wirkst, dass sie voll Begier nach
         Arten und Rassen vermehren - da du also allein die Natur der Dinge
         regierest, ohne dich nichts entspringt in des
         Lichtes göttliche Reiche, nichts auch üppig gedeiht, nichts
         Liebenswertes hervortritt, möcht ich, dass du mir seiest
         Gefährtin beim Schreiben der Verse, die ich von der Natur der Dinge zu
         fügen versuche unserem Memmiussohn, den du bei
         jeglicher Lage, Göttin, mit jeglichem Ruhme
         geziehrt, hervorragen liessest. Umso mehr gib, Göttin, den Worten
         ewigen Liebreiz, wirk, dass in dieser Zeit die wilden
         Werke des Krieges über die Länder und Meere
         hin tief entschlummern und ruhen; denn du allein vermagst die Menschen
         mit ruhigem Frieden zu erfreuen, da ja die wilden Werke
         des Kampfes lenkt der waffenmächtige Mars,
         der oft sich in deinen Schoss zurücklehnt, besiegt von
         ewiger Wunde der Liebe, und so aufwärtsblickt, den runden
         Nacken zurückbiegt, gierige Blicke in Liebe weidet, nach
         dir, Göttin, lechzend, und es hängt am Mund dir der Atem
         des Rückwärtsgebeugten. Du Göttin, ihn, den Ruhenden,
         sanft umfassend mit deinem heiligen Leib, lass aus dem Munde die
         liebliche Rede strömen, erbitte, Erlauchte, den
         Römern heiteren Frieden ! Denn werden wir können jetzt in
         solchen Nöten der Heimat dichten mit gleichem Mut noch des
         Memmius ruhmvoller Nachwuchs bei dieser Lage und Not dem Heile sich
         aller entziehen. [Alle Natur der Götter muss
         nämlich für sich alleine ihres unsterblichen Lebens in tiefstem
         Frieden geniessen, fern von unseren Dingen getrennt und
         weitab geschieden; denn von jeglichem Schmerz befreit,
         befreit von Gefahren, selber durch eigene Macht
         vermögend, nicht unser bedürftig, wird von Verdienst sie weder gewonnen,
         vom Zorne berührt nicht.] Du im übrigen jetzt lenk offenes
         Ohr und den Geist mir frei von Sorgen her zu der wahren
         Lehre der Dinge; dass du meine Geschenke, in treuem
         Eifer gerichtet, nicht, bevor verstanden sie sind,
         verachtet zurücklässt. Denn über letzten Grund will dir
         von Himmel und Göttern ich zu sprechen beginnen, will zeigen
         der Dinge Atome, aus denen alles Natur erschafft,
         vermehret und nähret, in die zugleich sie Natur dann wieder
         vernichtet und auflöst; wir sind gewohnt, sie Stoff und
         Ursprungskörper der Dinge bei der Lehre Beweis zu heissen und
         Samen der Dinge auch zu nennen und eben diese zugleich
         zu bezeichnen als die ersten Körper, weil alles
         aus jenen zuerst ist.  Übersetzung K.
         Büchner
   
 
       
          
      
          
   
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