Realien: Materialien von Anton Hafner (KZU Bülach)

 Griechische und römische Prooemien im Vergleich


Lehrgedicht
Georgica von Vergil (70 - 19 v.Chr.)

 

Quid faciat laetas segetes, quo sidere terram

vertere, Maecenas, ulmisque adiungere vitis

conveniat, quae cura boum, qui cultus habendo

sit pecori, apibus quanta experientia parcis,

hinc canere incipiam.

 

 vos, o clarissima mundi

lumina, labentem caelo quae ducitis annum;

Liber et alma Ceres, vestro si munere tellus

Chaoniam pingui glandem mutavit arista,

poculaque inventis Acheloia miscuit uvis;

et vos, agrestum praesentia numina, Fauni

(ferte simul Faunique pedem Dryadesque puellae:

munera vestra cano); tuque o, cui prima frementem

fudit equum magno tellus percussa tridenti,

Neptune; et cultor nemorum, cui pinguia Ceae

ter centum nivei tondent dumeta iuvenci;

ipse nemus linquens patrium saltusque Lycaei

Pan, ovium custos, tua si tibi Maenala curae,

adsis, o Tegeaee, favens, oleaeque Minerva

inventrix, uncique puer monstrator aratri,

et teneram ab radice ferens, Silvane, cupressum:

dique deaeque omnes, studium quibus arva tueri,

quique novas alitis non ullo semine fruges

quique satis largum caelo demittitis imbrem.

 

 
tuque adeo, quem mox quae sint habitura deorum

concilia incertum est, urbisne invisere, Caesar,

terrarumque velis curam, et te maximus orbis

auctorem frugum tempestatumque potentem

accipiat cingens materna tempora myrto;

an deus immensi venias maris ac tua nautae

numina sola colant, tibi serviat ultima Thule,

teque sibi generum Tethys emat omnibus undis;

anne novum tardis sidus te mensibus addas,

qua locus Erigonen inter Chelasque sequentis

panditur (ipse tibi iam bracchia contrahit ardens

Scorpius et caeli iusta plus parte reliquit);

quidquid eris (nam te nec sperant Tartara regem,

nec tibi regnandi veniat tam dira cupido,

quamvis Elysios miretur Graecia campos

nec repetita sequi curet Proserpina matrem),

da facilem cursum atque audacibus adnue coeptis,

ignarosque viae mecum miseratus agrestis

ingredere et votis iam nunc adsuesce vocari.

Widmung an Maecenas

Was zum Gedeihen der Saat beiträgt, bei welchen Gestirnen

Umzupflügen das Land, wann an Ulmen zu binden die Rebe

Richtig sei, Maecenas, und wie die Rinder zu pflegen,

wie die Schafe und was an Wartung brauchen die Bienen:

Das beginn' ich zu singen.

Gebet zu den Landgottheiten

Ihr, strahlende Lichter des Weltalls,

Die ihr das gleitende Jahr umführt am Himmelsgewölbe,

Bacchus und Nährerin Ceres : Durch euer Geschenk hat die Erde

Uns statt der Uhrzeit Eichel geschenkt die strotzende Aehre,

Hat in den Wasserpokal uns gemischt die gezüchtete Traube.

Hebt, ihr Faune, den Fuss zum Tanz, ihr Götter der Bauern,

Eilt, ihr Faune, herbei und ihr, dryadische Mädchen:

Was ihr dem Menschen geschenkt, das besing ich - Und du, dem als erste

Gab die Erde das wiehernde Ross, vom Dreizack getroffen,

Du, Neptun, und du, Hüter des Waldes, dem auf këischer Insel

Weiden das fette Gebüsch dreihundert schneeweisse Stiere.

Du auch verlass deinen Hain und die heimischen Höhn des Lycaeus,

Pan, du Schützer der Schafe, wenn dir dein Maenalus lieb ist :

Nahe, Tegeas Gott, mir mit Huld, und Minerva, des Oelbaums

Finderin - Jüngling, du auch, des gebogenen Pfluges Erfinder;

Auch Silvan, in der Hand den Wurzelspross der Zypresse !

Götter und Göttinnen ihr, deren Amt, zu schützen die Feldflur,

Die ihr auch ungepflanzt die jungen Gewächse zum Sprossen

Bringt und vom Himmel herab ausgiesst den Segen des Regens.

Anrufung des Octavian

Du auch nahe dich uns, Sohn Caesars, von dem wir nicht ahnen,

Ob du der Götter Rat, ob du Städte zu suchen im Sinn hast

Oder die Pflege des Lands, nicht ahnen, ob dich der Erdkreis

Grüsst als mächtigen Herrn der Stürme, als Helfer der Feldfrucht,

Mit der Myrte der Ahnin, der Venus, die Schläfe bekränzend -

Oder ob du kommst als Gott des unendlichen Meeres

Und dich die Schiffer allein verehren, das äusserste Thule

Dir sich ergibt und zum Eidam dich wählt die Göttin der Wellen,

Ob du als neues Gestirn dich den langsam schreitenden zufügst.

Zwischen der Jungfrau und den Scheren ist noch ein Platz frei,

Die der feurige Skorpion für dich nur zurückzieht

Und einen Raum freigibt, der ungewöhnlich am Himmel.

Was du auch wirst - denn nicht erhofft dich als Herrscher der Schatten

Reich, es komme dir nicht, dort zu herrschen, die schlimme Begierde,

Wenn auch Elysiums Feld der Grieche bewundert und wenn auch

Nicht von dort Proserpina kehrt auf das Flehen der Mutter -,

Gib du günstigen Wind, gib Erfolg dem kühnen Beginnen,

Tritt den Bauern, des Wegs unkund, erbarmend zur Seite

Und gewöhne schon jetzt dich daran, dass Gebete dich rufen.

 Übersetzung H. Naumann


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