Yellowstone Caldera

Leben in heissem Wasser

Norris Basin (Bilder 1 bis 3 in oberster Reihe) und rund um den Castle Geyser (alle anderen). Fotos copyright J. Alean.


Wärmeliebende (thermophile) Mikroorganismen - eine Einführung

Wärmeliebende Mikroorganismen gedeihen im Yellowstone National Park (YNP) innerhalb der heissen Quellen oder in den daraus entspringende Bächen. Die meisten von ihnen sind Prokaryoten (Bakterien und Archaea), die sich diesen extremen Bedingungen angepasst haben. Bei etwas mässigeren Temperaturen kommen aber auch eukaryotische Algen vor. Es kommt zu auffälligen Zonierungen, die durch die jeweiligen Vorlieben für Temperaturen und Säuregrad (pH) des Wassers bestimmt werden. Im YNP haben verschiedene Quellen pH-Werte zwischen 1 bis 10 und Wassertemperaturen zwischen Umgebungstemperatur und 93°C (Siedepunkt auf der Höhe des YNP). Typisch sind auch hohe Konzentrationen von Arsen, Schwefelwasserstoff, Sulfaten und Karbonaten. Es spielen sich zahlreiche chemische Reaktionen ab, welche unter anderem auch zur Bildung der Travertinterrassen von Mammoth Hot Springs beigetragen haben.

Manche mögen's heiss

In den 60ger Jahren glaubte man, die obere Temperaturgrenze für Leben sei bei etwa 73 °C. Dann aber fanden Thomas D. Brock und seine Mitarbeiter in mehreren Quellen des Great Fountain-Gebiets im Lower Geyser Basin, die pH-neutral oder schwach basisch sind, die ersten Organismen, die bei noch höheren Temperaturen gedeihen. Den ersten nannten sie Thermus aquaticus. Es handelt sich um die erste bekannte Art der Archaea, uralten Mikroorganismen, welche die Biologen heute einem eigenen Reich zuordnen.

Der bevorzugte Temperaturbereich von 50 bis 80 °C von Thermus aquaticus ist teilweise identisch mit dem von Cyanobakterien (früher Blaualgen genannt). Deshalb leben in vielen heissen Quellen von Yellowstone beide zusammen. Thermus aquaticus bezieht sogar energiereiche Nährstoffe von den Photosynthese betreibenden Cyanobakterien. Allerdings gibt es auch Thermus aquaticus in Zonen, deren Temperaturen sogar für Photosynthese zu hoch sind und ernährt sich dort von geringen Mengen gelöster organischer Stoffe. Das einzigartige, hitzeresistente Enzym von Thermus aquaticus, die so genannte Taq-Polymerase, hat heute vielfältige industrielle und medizinische Anwendungen (zum Beispiel AIDS-Diagnose und DNA-Fingerabdrücke in der Kriminologie.

Manche mögen's sehr heiss

Brock fand auch einen wärmeliebenden Organismus, der in extrem heissen und sauren Quellen lebt, und zwar das "Urbakterium" Sulfolobus acidocaldarius. Grosse Mengen davon gedeihen bei 85-90 °C. Sulfolobus-Arten versorgen sich mit Energie, indem sie Schwefelpartikel im heissen Wasser oxidieren. Dabei entsteht Schwefelsäure, und der pH-Wert sinkt. Dies geschieht zum Beispiel im Norris Basin. Eine andere Art, Sulfolobus solfataricus wurde von einem italienischen Team im Solfatarakrater bei Pozzuoli (Neapel) gewonnen, und dessen ADH-Enzym für Kristallisationsexperimente an Bord des Space Shuttle genutzt.

Evolution und Farbe

Leben, wie wir es kennen, könnte vor rund drei Milliarden Jahren in Heisswasserzonen der Ozeane entstanden sein. Solche thermophile Organismen sind vielleicht die Vorläufer aller späteren Lebensformen. Heute überleben sie nur in heissen Quellen.

Die Geothermalgebiete von Yellowstone verdanken ihre Farben den Mikroorganismen. Kräftige Farben verleihen grüne photosynthetische Farbstoffe, oder auch Chlorophylle, mit Vitamin A verwandte Carotinoidpigmente die orange, gelb oder rot gefärbt sind. Carotinoide schützen die Zellen vor der starken Sonnenstrahlung auf der Höhe von Yellowstone. Die tatsächliche Farbe der Algenmatten wird hauptsächlich durch das Verhältnis zwischen Chlorophyll und Carotinoiden bestimmt. Somit bestimmen nicht nur die vorkommenden Bakterienarten die Farben, sondern auch deren Anpassungsreaktionen auf das Sonnenlicht.

Zusammengestellt von Valeria Perin. Redaktion Walter Hauenstein, Wasterkingen, Schweiz.