Realien: Materialien von Anton Hafner (KZU Bülach)
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Neue Zürcher Zeitung Ressort Literatur und Kunst, 24. Februar 2001, Nr.46, Seite 86
Die ersten Global Players
Griechen, Araber, Inder und der Welthandelsplatz Alexandria
Von Christian Marek
Fast täglich sind wir heute mit dem beunruhigend raschen Wandel des global organisierten Wirtschaftslebens konfrontiert. Dabei wird oft vergessen, dass Menschen seit Jahrtausenden und über weite Strecken Handelsbeziehungen pflegten. Im griechisch-römischen Bereich wurden seit dem Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. neue Voraussetzungen für eine «Globalisierung» der Wirtschaft geschaffen.
Handel weit über die Grenzen eines Sprach- und Kulturraumes hinaus kennt man, so weit die Schriftzeugnisse in die Vergangenheit zurückreichen. Aus Archiven in Mittelanatolien stammen knapp viertausend Jahre alte Schrifttafeln, die für assyrische Karawanenhändler ein elaboriertes Filialensystem immerhin etwa tausend Kilometer fern ihrer Heimat in fremdsprachiger Umgebung bezeugen. Die Begriffe Seiden- und Weihrauchstrasse erinnern an Handelswege über noch weit grössere Entfernungen. Kunde von fernen Ländern und Menschen in der homerischen Dichtung und den Berichten des Weltenwanderers Herodot dürfen nicht immer auf die Goldwaage gelegt werden, doch manche zuverlässige Information war sicherlich gerade durch Kaufleute vermittelt. Allerdings sind diese nur vereinzelt selbst in die fremde Umgebung vorgedrungen. Öfter waren sie das vorletzte Glied in einer Kette des Warenflusses von Mittelsmann zu Mittelsmann. Das Wissen kam auf diesen Wegen stark gefiltert an.
Völlig andere Voraussetzungen schuf der Hellenismus mit seinem durch den Alexanderzug erweiterten Weltbild und der Erschliessung neuer Verkehrsrouten. Mit weit grösseren Kapazitäten als auf den Karawanenwegen wurden zu Schiff Waren aus drei Erdteilen in Aden umgeschlagen - noch pflegte man in beide Richtungen nicht über diesen Punkt hinauszufahren. Das änderte sich, als ein kühner Kapitän (über seinen Namen gibt es verschiedene Versionen) die Monsunwinde auszunutzen lernte, um von Südarabien einen direkten Kurs über den Indischen Ozean an die Malabarküste zu segeln. Fremde Erzeugnisse und Kunde von fremden Völkern kamen nun schneller und öfter über das Rote Meer nach Ägypten. Alexandria wurde zu einer der wenigen wirklichen Grossstädte der Antike, die wir kennen, mit einer nach Hunderttausenden zu schätzenden Einwohnerzahl. Zur selben Zeit lehrten und schrieben hier die bedeutendsten Wissenschafter, befand sich hier die grösste Bibliothek des Altertums. Königin Kleopatra sprach fliessend Aramäisch, Äthiopisch, Arabisch, Persisch und andere Sprachen. Ein Enthusiast behauptete: «Alexandria ist die Welt!»
HANDEL IM BEFRIEDETEN REICH
Als schliesslich die Monarchie des Augustus die Mittelmeerländer in einem Reich zusammenband, Frieden herrschte und ein römischer Präfekt die Provinz Ägypten regierte, stachen Saison für Saison weit über hundert Frachtschiffe von den Rotmeerhäfen zur Passage nach Indien in See. Das Geschäft florierte in globalen Dimensionen. Im Mittelpunkt der Quellen, die dies dokumentieren, steht ein im ganzen antiken Schrifttum einzigartiges Buch. Verfasst zwischen 40 und 70 n. Chr., ist es durch eine heute in Heidelberg aufbewahrte Abschrift aus dem zehnten Jahrhundert erhalten. Der Titel «Küstenfahrt des Roten Meeres» («Periplus Maris Erythraei») führt leicht in die Irre, denn es handelt sich nicht um eine der üblichen antiken Seerouten-Beschreibungen entlang der Küste eines Meeres, sondern um die Beschreibung von Fahrten mit besonderem Augenmerk auf für den Handel relevante Informationen.
Der Begriff «Rotes Meer» entspricht nicht der heutigen Geographie; dargestellt ist der Verkehr entlang zweier Stränge: die afrikanische Ostküste hinab nach Süden bis in die Gegend des heutigen Dar es Salaam und die arabische Südküste entlang bis zum Golf von Oman, über den Indischen Ozean nach Nordwestindien, die Malabarküste, Südindien und Sri Lanka. Dahinter hört die persönliche Erfahrung des Autors auf, ergänzt werden nur einige Mitteilungen vom Hörensagen. Über den Golf von Bengalen oder gar bis an die Küste Südchinas scheinen die Schiffe aus Ägypten jedenfalls nicht routinemässig gefahren zu sein; viel später, in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts n. Chr., gelangten nach einem chinesischen Bericht Händler aus dem Römischen Reich auf dem Landweg an die Grenze Chinas.
Das Buch ist auf Griechisch geschrieben, und aus einigen Bemerkungen ergibt sich, dass der Autor ein Alexandriner war. Fest steht auch, dass er die Fahrten selbst unternommen hatte und dass er etwas vom Handel verstand. An Nüchternheit und Akkuratesse übertrifft sein Dossier die meisten antiken Berichte über fremde Länder: Neben vielfältigen Beobachtungen gibt es keine Wundergeschichten und keine Horrorstorys, ja nicht einmal die exotischen Götter und Religionen finden Interesse. Praxisnah und schnörkellos wird über die Geschäftsbedingungen von Handelsplatz zu Handelsplatz Buch geführt, im Vordergrund stehen Listen der Export- und Importgüter grösserer Häfen und der an sie angebundenen Umschlagplätze im Binnenland. Was die Schiffe mit sich führen konnten, um es in Ostafrika, Arabien oder Indien einzutauschen, zeigt eine höchst differenzierte, auf Erfahrung mit den lokalen Märkten beruhende Auswahl des Warensortiments. Wie man heute für ein Waschmittel in Schweden anders wirbt als in Südamerika, setzt der Autor Gewohnheiten, Vorlieben und Kaufkraft der Kunden voraus, wenn er beispielsweise ein Textilprodukt für die Abnehmer von Ort zu Ort in je verschiedener Qualität, Färbung und Verzierung empfiehlt.
An den grossen Zielhäfen der Passagen umfassen die Listen zwanzig bis dreissig Importartikel aus der römischen Welt, darunter Metalle, Textilien, Nahrungsmittel (Oliven, Wein und Getreide), medizinische Salben und pflanzliche Produkte, Pferde, Sklavinnen, Glas, Gold- und Silbergegenstände sowie - als Tauschobjekt neben anderen - römisches Geld, das heisst Gold- und Silbermünzen. Für die Heimfahrt luden die Spediteure vor allem begehrte Exportartikel Ostafrikas, Arabiens, Indiens und - über die indischen Umschlagplätze - Indonesiens und Chinas: Seide, Edelsteine, Perlen, Pfeffer, Narde, Zimt, Elfenbein, Weihrauch, Myrrhe, Schildpatt und Rhinozeroshorn. Neben Ein- und Ausfuhrgütern stehen andere wichtige Daten: die besten Fahrtzeiten, Distanzen und Risiken; wo Piraterie herrscht und wo man auf Lotsendienste angewiesen ist.
ORTE UND IHRE HERRSCHER
Einen besonderen Stellenwert haben die politischen Verhältnisse vor Ort. Genannt sind je nachdem sowohl die Gouverneure und Häuptlinge, die an den Umschlagplätzen das Sagen hatten mitsamt den von ihnen bevorzugten Geschenken, als auch die bis zu mehrere Tagesreisen landeinwärts residierenden Könige nebst den Kostbarkeiten, die man - zum Verkauf oder als Geschenk - an ihren Hof liefern konnte. Man erfährt von einigen Orten die Namen der gegenwärtigen Herrscher. Dazu weiteres: Der Araber Charibael sei ein Freund der Kaiser in Rom, der Äthiopier Zoskales des Griechischen mächtig und rechtschaffen, doch etwas gierig. Aktualität ist wichtig, der Autor gibt «Updates» auf Verhältnisse, die sich gewandelt haben: Ein Platz in der Bucht von Bombay bot freien Handel «zu Zeiten des älteren Saraganos»; seitdem hier Sandanes gebietet, sei mit Schwierigkeiten zu rechnen. Der Bedarf des Fürsten in Ozene (heute Ujjain) an westlichem Wein, Musikantinnen und Konkubinen betrifft «jene Zeiten», als der Ort noch Hauptstadt war. Von den südindischen Häfen sind nur Muziris und Nelkynda «jetzt in Betrieb».
Moderne Börsen reagieren sehr empfindlich auf Regierungswechsel. Die Nennung der lebenden Herrscher beim Namen in dieser Schrift ist bemerkenswert. Dem Berichterstatter musste klar sein, dass solche Angaben nur befristet zutreffen, sie scheinen für einen aktuellen Zeitpunkt bestimmt. Auftraggeber oder Interessenten, für die er schrieb, gehörten jedenfalls zum Kreis derer, denen es auf die Transporte ankam, die Schiffseigner. Denn auffälligerweise fehlen andere Informationen über den Fernhandel gänzlich, wie zum Beispiel Einkaufspreise und Zölle. Vorausgesetzt ist die Kenntnis von Qualitätsklassen der Produkte, die nicht näher beschrieben, sondern etwa mit «gewöhnlich» oder «erlesen» etikettiert sind.
Was Zölle, Preise und andere anfallende Kosten betrifft, verfügten Kapitalgeber und Grosshändler über das nötige Wissen, weil dieser Handel längst weniger über Mittelsmänner als über eigene Kontore in Übersee lief. Die Hinweise darauf, die das Buch bietet, werden durch Papyri, Steininschriften, aber auch durch die Archäologie bestätigt. Der Autor des «Periplus» erwähnt, dass «Griechen», die Handel trieben, auf der Insel Sokotra sassen. Mit «Griechen» sind keineswegs Hellenen gemeint, sondern griechisch sprechende Bewohner des Römischen Reiches, also auch Aramäer, Ägypter, Juden und Araber. Viele Fäden im Fernhandel zogen die Bürger der Oasenstadt Palmyra, die zum Römischen Reich gehörte. Konsortien von Palmyrenern sassen am Persischen Golf, aber auch in Ägypten, wo sie sich am Handel über den Indischen Ozean beteiligten.
Andere Händler sind am Namen als Inhaber des römischen Bürgerrechts zu erkennen, wie zum Beispiel Tiberius Claudius Agathocles, Gaius Iulius Bacchylus, Lucius Titus Primus oder Gaius Numidius Eros, der sich Anfang des Jahres zwei v. Chr. in einer Steininschrift in Ägypten verewigte, gerade aus Indien zurückgekehrt. Von einem Transportgeschäft zwischen Indien und Ägypten besitzen wir auf Papyrus Bruchstücke des Vertrags, den der Spediteur mit einem Grosskaufmann im südindischen Muziris abschloss. Bestimmte Waren, die der «Periplus» bei den Importlisten einzelner Orte angibt, sind eindeutig nur für diese «Händler» vorgesehen. Mit Blick auf Südindien etwa empfiehlt er, die mitzuführende Menge Getreide sei darauf zu berechnen, wie viel diese verbrauchen, denn die Einheimischen seien keine Abnehmer. Die Inder dieser Gegend assen Reis! Die Ausländer aus dem Westen brauchten also nicht einmal auf den Konsum der gewohnten Güter ihrer Heimat zu verzichten.
Im Fall des Getreides scheint man, ungeachtet indischer Produktion ganz in der Nähe, den Import über etwa 3700 Seemeilen vorgezogen zu haben. Eine römische Weltkarte, von der sich die mittelalterliche Abschrift in der berühmten Peutingertafel erhalten hat, zeigt an der Stelle von Muziris den Eintrag: «templum Augusti», sozusagen die Kirche einer Kolonie von Geschäftsleuten aus dem Imperium Romanum, die hier den Kaiserkult pflegten. Dazu gehörten Feste, möglicherweise auch Gladiatorenkämpfe. Im südostindischen Grabungsort Arikamedu (bei Pondicherry) deutet die Töpferware aus Arezzo in Italien auf eine ebensolche Kolonie. Diese Leute lebten dort gewiss mit ihren Familien: Eine nordöstlich von Benares gefundene Statue trägt die Haarmode einer Dame im augusteischen Rom.
HANDELSMETROPOLE ALEXANDRIA?
Wie aber verhält es sich umgekehrt? Gab es im Römischen Reich residierende Geschäftsleute aus Indien, Arabien und China, und können wir uns Alexandria als einen Platz wie Zürich oder London vorstellen, an dem die Bankfilialen nicht nur Europas, sondern der grossen Handelsnationen in Übersee standen? Nach dem, was der Autor des «Periplus» bemerkt, gibt es keinen Zweifel über die aktive Teilhabe von Arabern und Indern am Seehandel auch ausserhalb ihrer Heimat. Im Römischen Reich selbst muss man sie jedoch mit der Lupe suchen, auffälligerweise konzentrieren sich die wenigen Zeugnisse wiederum auf die Provinz am Nil und fallen in die frühe bis hohe römische Kaiserzeit, in welcher der «Periplus» verfasst wurde. Koptos am Nil war ein Ort, den man als Drehscheibe im Warentransport von den Rotmeerhäfen zum Fluss und hinab in die Metropole bezeichnen kann. In Rom regierte Vespasian (69 bis 79 n. Chr.), als ein Händler hier den Göttinnen Isis und Hera eine Weihung darbrachte. Er bezeichnet sich als Hermeros, Sohn des Athenion, aus Aden am Roten Meer. Wegen seines griechischen Namens wird nicht klar, ob er Araber aus dem damaligen himyaritisch-sabäischen Doppelkönigreich war oder Ägypter, Grieche oder Jude, der in Aden aufgewachsen und beheimatet war.
Aufschlussreich sind die Worte, die ein Redner des zweiten Jahrhunderts an die Bürger von Alexandria richtete, deren Stadt für Pogrome und Krawalle bekannt war, und sie zu diszipliniertem Verhalten ermahnte. Die Alexandriner, so mahnt er, lebten nicht im Verborgenen oder unter wenigen, sondern unter den Augen der ganzen Menschheit: «Ich sehe bei euch nicht nur Griechen und Italiker und Leute aus den benachbarten Ländern Syrien, Libyen, Kilikien, noch bloss Leute aus entfernten Gegenden wie Äthiopier und Araber, sondern sogar Baktrier, Skythen, Perser und einige Inder, und alle diese sitzen als Zuschauer neben euch im Theater.» Die Reihe dieser Leute entspricht exakt den Zielgebieten der beiden Fernpassagen des «Periplus»: die äthiopische Küste mit dem Umschlagplatz Adulis, Südarabien mit dem Handelshafen Kane und Nordwestindien mit den Drehscheiben Barbarikon und Barygaza. Die Ausländer passten sich offenbar rasch an die Vergnügungskultur des Westens an und besuchten das Theater. - War Alexandria also eine multikulturelle Stadt wie Grossstädte der Moderne? Der Text legt dies nahe: Dieser Markt führt alle Menschen zusammen, macht sie miteinander vertraut, ja, soweit möglich, zu einer Familie.
GESETZE GEGEN LUXUS
Für exotische Artikel gaben reiche Römer hohe Geldsummen aus. In Rom wurde Unbehagen vernehmbar, kaiserliche Luxusverbote wurden erlassen, etwa für das Tragen von Seidenkleidern bei Männern. Plinius der Ältere, ein Zeitgenosse des Verfassers des «Periplus», klagt: «Nach der niedrigsten Schätzung rauben Indien, die Serer (Chinesen) und jene Halbinsel (Arabien) unserem Reiche alle Jahre 100 Millionen Sesterzen. So viel kosten uns Luxus und Frauen!» Die Bemerkung bezieht sich auf das Konsumverhalten der Oberschicht in der Hauptstadt. Sie lässt keine Rückschlüsse zu auf so etwas wie eine Aussenhandelsbilanz des Römischen Reiches, von der weder Plinius noch der Kaiser eine Vorstellung hatten. Die Einkaufspreise der Luxusgüter auf den fernen Märkten sind völlig unbekannt, nicht dagegen die Summen, die der Import im Römischen Reich selbst erzielte. Für das anzunehmende Gesamtvolumen des Warenwertes auf diesem Markt ist die von Plinius genannte Summe lächerlich gering. Zum Vergleich: Fast die Hälfte dieses Betrages schenkte Augustus an das Volk von Rom; ein Fünfzigstel, rund zwei Millionen Sesterzen, betrug das Jahreseinkommen des nicht einmal besonders reichen jüngeren Plinius; Cicero zog aus seiner Statthalterschaft in Kleinasien einen schönen Gewinn von 2,2 Millionen Sesterzen.
Die Preisangaben für Fernhandelsgüter in Rom zeigen, welche astronomischen Werte ein einziges Schiff nach Ägypten transportierte. Ein Vertragstext auf Papyrus bezieht sich auf einen Teil der Fracht eines Indienfahrers, der rund dreieinhalb Tonnen gangetische Narde, Elfenbein und Textilien im Wert von 786 000 Sesterzen aufgenommen hatte. Die von den Rotmeerhäfen Ägyptens nach Indien fahrenden Frachtschiffe konnten schätzungsweise bis zu 1300 Tonnen transportieren, also das Dreihundertundsiebzigfache dieser Teilladung. Doch selbst bei einer nur halb so grossen Tonnage (600 Tonnen) ergäbe ein vergleichbares Sortiment für die Gesamtfracht einen Warenwert von knapp 135 Millionen Sesterzen. Eine Tonne langer Pfeffer aus Indien war 183 234 Sesterzen wert, eine Tonne Malabathronblätter eine knappe Million, in etwa dieser Höhe lag der Warenwert derselben Menge Seide aus China.
Aus Schatzfunden in Südindien stammen über fünfeinhalbtausend julisch-claudische Silbermünzen. Auf Grund ihrer aussergewöhnlichen Qualität erwog ein englischer Historiker, ob sie in Rom selbst geprägt worden seien. Daraus ergab sich die Vermutung, Angehörige des Kaiserhauses könnten als Investoren hinter den Geschäften in Alexandria stehen. Von einigen Personen wissen wir, dass sie Verbindungen zur imperialen Führungsschicht besassen. So tätigte der Angehörige einer jüdischen Familie aus Alexandria, ein Neffe des Schriftstellers Philon, Marcus Iulius Alexandros, seine Geschäfte zu einer Zeit, als sein Bruder ein hoher politischer Beamter in Ägypten war, der später sogar zum Provinzgouverneur aufstieg. In wessen Taschen auch immer der Löwenanteil der Gewinne landete - der Fiskus in Rom verdiente mit 25 Prozent Einfuhrzoll auf den Warenwert, erhoben in Alexandria. Gleichgültig, wie viele Senatoren und Ritter in Italien und in den Provinzen beteiligt waren, die Initiative und die Durchführung lagen in den Händen privater Global Players in Alexandria, die ein den halben Erdball umspannendes Netz knüpften.
Die Stadt, bei den zeitgenössischen Schriftstellern «der grösste Handelsplatz der Welt», wo «Handel beinahe der ganzen Oikumene vereint ist», muss sich für einige Zeit zu einer «Börse» mit Supergewinnen - und den entsprechenden Verlusten - entwickelt haben, nebst allen Spannungen und Wandlungen, die damit einherzugehen pflegen. Was diesen Warengeschäften selbstverständlich fehlte, ist die moderne Schnelligkeit. Ein Handbuch wie der «Periplus Maris Erythraei» legte die Erfahrungen mehrerer Jahre nieder und war auf Jahre hinaus zweckdienlich. Der Informations- und Warenfluss aus solcher Ferne, schneller zwar und zuverlässiger als jemals zuvor, dauerte dennoch monatelang. Man wurde übers Jahr reich, nicht über Nacht. Aber Zeit ist relativ, die Konkurrenz war nicht schneller.
Vom «Periplus Maris Erythraei» existiert keine deutsche Übersetzung. Die zurzeit beste englische Ausgabe des Textes bietet: Lionel Casson, The Periplus Maris Erythraei. Text with Introduction, Translation and Commentary. Princeton 1989.
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