Realien: Materialien von Anton Hafner (KZU Bülach)
Klassische Sprachen |
Quelle:
Neue Zürcher Zeitung ZÜRICH UND REGION Mittwoch, 05.04.2000 Nr.81 51 65
Reste eines römischen Tempels in Dällikon?
Erste Hinweise auf einen kultisch-religiösen Bau im Furttal
rib. Im Rahmen einer Rettungsgrabung ist die Kantonsarchäologie Zürich in Dällikon auf Reste von Mauern gestossen, die zu einem Kultgebäude aus römischer Zeit gehört haben könnten. Wie die kantonale Baudirektion am Dienstag mitteilte, wurde der Fund an einer Stelle gemacht, die nordwestlich des bereits im 18. Jahrhundert entdeckten römischen Gutshofs von Dällikon liegt. Das rund 600 Quadratmeter grosse Areal an der Hörnlistrasse wurde aus Anlass eines Bauvorhabens seit Mitte Februar während rund vier Wochen archäologisch untersucht.
Beim Abtragen der obersten Erdschicht trat ein etwa sechzehn Meter langes und rund vierzig Zentimeter breites Fundament mit einem Mauerwinkel und einer zentralen Auslassung für einen Durch- oder Eingang zutage. Im mutmasslichen Gebäudegeviert lagen Tuffsteine, wie sie zum Bau von Umrahmungen von Tür- und Fensteröffnungen oder von Gebäudeecken verwendet wurden. Im Schutt fanden sich auch zahlreiche zerschlagene Keramikgefässe. Da unter ihnen besondere Gefässtypen vorherrschen und Geräte gefunden wurden, die in rituellen Zusammenhängen und im Grabkult Verwendung fanden - Fragmente von Räucherkelchen, ein Köpfchen einer Tonstatuette sowie ein Glöcklein aus Bronze -, vermuten die Archäologen, dass das Gebäude eine kultische Funktion hatte. Ob es sich bei dem Bau um einen Tempel handelt, lässt sich nach Auskunft von Projektleiter Beat Horisberger nicht entscheiden, da das Fundament nicht ganz freigelegt werden konnte; die sichtbaren Reste entsprächen aber den Grundrissformen gallorömischer Tempel. Bei der Grabung wurden auch Münzen sowie Ziegel mit den Stempeln der 21. Legion gefunden, die um die Mitte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts im nahegelegenen Windisch (Vindonissa) stationiert war. Die entdeckten Gebäudereste stammen vermutlich aus dem Ende des 2. oder dem Anfang des 3. Jahrhunderts n. Chr. Besondere Bedeutung kommt ihnen deshalb zu, weil es sich um die ersten römerzeitlichen Funde aus dem Furttal handelt, die in den kultisch-religiösen Bereich weisen.
In den Fundamenten des Gebäudes wurden ausserdem Reste von zwei bestatteten Körpern aus der Spätantike oder dem frühen Mittelalter gefunden. Sie bilden die frühesten archäologischen Zeugnisse dieser Zeit in Dällikon. Die Fundstelle liegt etwa 250 Meter vom Herrenhaus des Gutshofs entfernt, wahrscheinlich also ausserhalb des Wirtschaftsteils der Hofanlage. Aufmerksam darauf wurde die Kantonsarchäologie, weil die für die Gemeinde festgelegte archäologische Zone vor zwei Jahren auf Grund neuer Erkenntnisse zur Gesamtgrösse der Anlage erweitert worden war.
Die Auswertung dieser jüngsten Funde verspricht wichtige Hinweise auf die Besiedlung des Furttals in römischer Zeit. Neben den Gutshöfen von Dällikon und Buchs finden sich in diesem Gebiet am Verkehrsweg zum Legionslager Vindonissa zahlreiche weitere Siedlungsreste, die zurzeit von der Kantonsarchäologie im Rahmen eines grösseren Projekts wissenschaftlich aufgearbeitet werden.
Zurück zur Seite "Varia 2000"