Realien: Materialien von Anton Hafner (KZU Bülach)

 

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Quelle:

NZZ, Ausgabe vom 26. 07. 1999 Vermischtes

 

Neue Erkenntnisse über das Alter Roms

Bedeutende archäologische Funde auf dem Foro Romano

sdl. Rom, 25. Juli

Mit seiner ununterbrochenen Siedlungsgeschichte von über 2700 Jahren gehört Rom zu den ältesten Städten Europas. Der Geschichtsschreiber Livius liefert das exakte Gründungsdatum der Stadt: 753 v. Chr. Ausgrabungen auf dem Gelände des Foro Romano haben jedoch vor kurzem Funde zutage gefördert, die darauf hindeuten, dass in der Gegend der Stadt schon mindestens hundert Jahre früher eine menschliche Siedlung bestanden hatte. Bei diesen Funden handelt es sich um vier Gräber, die laut den Archäologen aus dem 9. vorchristlichen Jahrhundert stammen. Drei davon waren völlig intakt und befinden sich in sehr gutem Zustand, das vierte muss bereits zur Zeit Cäsars geplündert worden sein. In den ovalen Gräbern lagen neben Tonurnen für die Asche der Verstorbenen unter anderem kleine Keramikschalen und Vasen mit charakteristischen Netzmustern, welche die Datierung erlaubten. Ähnliche Gegenstände fanden sich bereits zum Beispiel in Gräbern aus der vorlatinischen Zeit, die früher entdeckt worden waren. In unmittelbarer Nähe der Grabstätten stiessen die Archäologen überdies auf einen mit Ziegelstein ausgekleideten runden Brunnenschacht aus dem 6. vorchristlichen Jahrhundert, der mit Aushubmaterial und Bauschutt aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. gefüllt war. Zusammen mit weiteren Entdeckungen aus letzter Zeit erlaubt dies den Fachleuten, neue Erkenntnisse hinsichtlich der zeitlichen Abfolge altrömischer Bautätigkeit zu gewinnen.

Nach Angaben des Römer Bürgermeisters, Francesco Rutelli, soll die laufende Ausgrabungsphase im Bereich der Kaiserforen im kommenden Herbst abgeschlossen und das Gelände Besuchern während der Dauer des «Giubileo» zugänglich gemacht werden. Die Verantwortlichen der Ewigen Stadt haben indessen weiterreichende Pläne, was die Restauration des über 15 000 Quadratmeter grossen Geländes beziehungsweise den Zugang dazu betrifft. Demnach soll das Forum Cäsars mit jenen Nervas, Trajans und Vespasians verbunden werden, um damit das Gebiet in seiner Gesamtheit wiederherzurichten. Die antike Anlage wurde in den dreissiger Jahren vom faschistischen Diktator Mussolini entzweigeschnitten, als er hier einen Boulevard anlegen liess. Die einzelnen Teile sind heute durch eine Fussgängerunterführung verbunden. Bis das Foro Romano eines Tages in alter Pracht wieder vollumfänglich zugänglich sein wird, können Touristen im kommenden Jubeljahr im Museum wenigstens am Computer einen Blick auf die Anlage werfen, so wie sie von den Archäologen rekonstruiert worden ist. 

 


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