Realien: Materialien von Anton Hafner (KZU Bülach)

 

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KZU


Johann Caspar
von Orelli

Aus Anlass der Gedenkveranstaltung
vom 12. - 13. November 1999
an der Uni Zürich

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Johann Caspar von Orelli wurde am 13. Februar 1787 in Zürich als Sprössling einer 1555 aus Locarno vertriebenen reformierten Familie geboren. Er wurde in Zürich am Carolinum ausgebildet. Seine Hoffnung, in Heidelberg studieren zu können, zerschlug sich wegen der finanziellen Verhältnisse der Familie, und er musste 1807 eine Pfarrstelle in Bergamo annehmen. Kurze Zeit nach seiner Ankunft beherrschte er die italienische Sprache vollkommen und konnte wichtige Kontakte knüpfen. Er traf u. a. den jungen Manzoni, den er 1808 in Mailand traute, und übersetzte Ugo Foscolos Gedicht 'I Sepolcri' ins Deutsche. Später kam Foscolo nach Zürich, wo er 1816 eine vermehrte Auflage der 'Ultime lettere di Jacopo Ortis' veröffentlichte, die Orelli ins Deutsche übersetzte. Orelli war damals als Lehrer in Chur angestellt, wo er zwischen 1814 und 1819 lebte. Im Jahr 1819 erhielt er einen Ruf ans Carolinum. In Zürich machte sich Orelli für eine Reform des gesamten Schulwesens stark, die 1833 durch die Gründung der Universität Zürich und der Zürcher Kantonsschule verwirklicht wurde.

Orelli ist heutzutage vor allem als Altphilologe bekannt. Er edierte Horaz, Phaedrus, Persius, Platon, Plinius und Tacitus und war der letzte Latinist, welcher den gesamten Cicero (24KB) im Alleingang herausgab. Die Philologie galt ihm als eine universell anwendbare Methode. Sein editorischer Eifer nahm enzyklopädisches Ausmass an: Die Ausgabe von Dantes 'Commedia' blieb zwar ungedruckt, er veröffentlichte aber Ariosto, Tommaso Campanella und Lavater, mittellateinische Texte und viele Kirchenväter. Orelli war jedoch alles andere als ein welttremder Stubengelehrter: Seinem Einsatz für die griechischen Befreiungskämpfe verdankte er die Ehrenbürgerschaft jenes Landes, und während der Zürcher Krise von 1839 verteidigte er tapfer die Errungenschaften der liberalen Schulreform. Er setzte sich damals vergeblich für den umstrittenen Theologen David Friedrich Strauss ein und.wurde daraufhin aus dem Erziehungsrat entfernt. Seine Professur an der Universität gab er allerdings nicht auf, bis ihn 1847 eine schwere Krankheit an der Ausübung seiner Pflichten verhinderte. Johann Caspar von Orelli, der letzte der grossen Zürcher Aufklärer, starb zwei Jahre später, am 6. Januar 1849.

Dr. Michele C. Ferrari 

 


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