Realien: Materialien von Anton Hafner (KZU Bülach)

 

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Quelle:

Neue Zürcher Zeitung 06.10.1999 Nr. 291  67

 

Neues zum römischen Basel

Entdeckung einer zweiten Hauptstrasse

fs. Basel, Ende September

Bei Bauarbeiten für einen unterirdischen Ausstellungssaal sind im Hof des Antikenmuseums in Basel Überreste eines römischen Strassenkörpers und Grundrisse römischer Fachwerkbauten entdeckt worden, die das bisherige Bild des römischen vicus (Dorf) von Basel wesentlich verändern. Bisher bekannt war lediglich eine römische Überlandstrasse, die von Augusta Raurica (Augst) herkommend durch die St.-Alban-Vorstadt auf den Münsterhügel führte und noch vor Christi Geburt erstellt worden ist. Die von der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt seit März dieses Jahres im Hof des Antikenmuseums gemachten Funde zeigen, dass es im römischen Basel eine weitere Hauptstrasse gegeben hat. Ein weiterer, im April bei Leitungsarbeiten in der Freien Strasse freigelegter Strassenüberrest erhärtet die These der Basler Stadtarchäologen, dass die neu entdeckte römische Hauptstrasse in die Freie Strasse mündete und in deren Flucht entlang dem Fuss des Münsterhügels verlief. Siedlungsspuren beim Spiegelhof im heutigen Stadtzentrum lassen die Archäologen weiter vermuten, dass die neu entdeckte Römerstrasse in der Gegend des Marktplatzes den heute zugedeckten Birsig überquerte und Richtung Totentanz weiterführte, wo schon früher Überreste römischer Gräber gefunden worden sind.

Die Tatsache, dass der im Museumshof entdeckte Strassenrest ältere römische Kulturschichten aus der Zeit um Christi Geburt überlagerte, lässt den Schluss zu, dass diese Verkehrsachse im römischen Strassenraster ursprünglich nicht vorgesehen war und erst im frühen 1. Jh. n. Chr. angelegt worden ist. Die Mächtigkeit des fast zwei Meter dicken römischen Strassenkörpers zeigt, dass die Strasse bis ins 2. Jahrhundert wiederholt aufgekoffert worden ist. Dass sie auch stark frequentiert worden ist, belegen sichtbare Rinnen von Karrengeleisen auf einzelnen Strassenniveaus.

Entlang dem Strassenkörper konnten im Museumshof auch Überreste der mehrphasigen römischen Überbauung aus dem 1. Jh. n. Chr. nachgewiesen werden. Sie deuten auf einfache Holz- und Fachwerkbauten hin. Der Beginn der römischen Siedlung in Basel wird mit Feldherr Nero Claudius Drusus in Zusammenhang gebracht, der 12 v. Chr. auf dem Münsterhügel ein - möglicherweise befestigtes - Militärlager errichtet haben soll. Auch nach dem Abzug der Truppen Richtung Norden blieb die Zivilbevölkerung, bestehend aus einheimischen Kelten, Rauriker genannt, und Römern, in dem im Vorfeld des Münsterhügels angelegten vicus. Wahrscheinlich in spätrömischer Zeit ist diese Siedlung vollständig zerstört worden. Vom Castellum, mit dem die römischen Militärs nach der Zurückdrängung aus Germanien Mitte des 4. Jahrhunderts den Münsterhügel befestigten, sind noch einige Mauerreste zu sehen. Gräberfunde im Gebiet Aeschenvorstadt deuten auf die Existenz einer weiteren, bis heute noch nicht nachgewiesenen Hauptstrasse zum römischen Basel hin, denn römische Friedhöfe wurden in der Regel an Ausfallstrassen angelegt.

Neue Zürcher Zeitung, 6. Oktober 1999

 


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