SPEKTROGRAPHIE

Novae

Text
Text
Nova Delphini am 16.08.2013
Text
Nova Delphini am 29.08.2013
Text
Nova Cygni (1992), analoge Aufnahme, digitalisiert ab Negativfilm

In der Galaxis ereignen sich pro Jahr einige Dutzend Novae. Wegen der Extinktion durch interstellaren Staub sehen wir allerdings nur einen kleinen Teil, die meisten nur teleskopisch. Nur alle paar Jahre ereignet sich eine, die von blossem Auge sichtbar ist, so zum Beispiel Nova Delphini 2013 (maximale scheinbare Helligkeit 4.4mag). Die letzten vergleichbaren, von Mitteleuropa aus sichtbaren Novae ereigneten sich 1992 (Nova Cygni, 4.2mag) und 1999 (Nova Aquilae, 5mag)

Interpretation des Spektrums von Nova Delphini 2013

Text
Nova Delphini am 16.08.2013
Text
Nova Delphini am 29.08.2013

Am 16. August, nahe beim Helligkeitsmaximum, dominierten dunkle Absorptionslinien der Balmer-Serie des Wasserstoffs, vergleichbar mit B-Sternen. Daneben lagen aber bereits deutliche, blauverschobene Emissionslinien. Die dunklen Linien entstehen durch Absorption der expandierenden Gashülle. Diese bewegt sich in alle Richtungen radial nach aussen, ein kleiner Teil genau auf uns zu. Infolge des Dopplereffekts verursacht dieser Teil der expandierenden Gashülle blauverschobene Absorptionslinien. Aus der Grösse der Blauverschiebung ergibt sich die Expansionsgeschwindigkeit. Wir schätzten sie in diesem Fall auf 1'000km/s. Die Emissionslinien stammen von jenen Teilen der Gashülle, die sich quer zu uns vom Stern wegbewegen und von der Ultraviolettstrahlung des Weissen Zwergs zum Leuchten angeregt werden.

Knapp zwei Wochen später ist das Kontinuumsspektrum kaum mehr sichtbar, da sich die Photosphäre des Weissen Zwerges abgekühlt hat und schwächer leuchtet. Dafür sind die Emissionslinien viel heller geworden, weil die hell leuchtende Gashülle viel grösser geworden ist. Das Spektrum ähnelt nun Planetarischen Nebeln. Auch bei diesen regt ein Weisser Zwerg eine expandierende, allerdings viel grössere Gaswolke zum Leuchten an. Das ausgestossene Gas einer Nova hat nur einen Bruchteil der Masse eines Planetarischen Nebels, expandiert viel schneller und ist deshalb viel weniger lang sichtbar. Zufälligerweise lag der schwache Planetarische Nebel NGC 6905 im Bildfeld der Aufnahmen von Nova Delphini 2013 (Bild unten).

Text
Um den Weisse Zwerg expandiert eine Gashülle (grau). Gas, welches sich auf den Beobachter (links ausserhalb des Bildes) zubewegt, verursacht blauverschobene Absorptionslinien (A). Quer zur Beobachtungsrichtung expandierende Gase verursachen Emissionslinien (E).
Text
Umgebung von Nova Delphini am 16. August 2013. Bedeutung der Zahlen von oben nach unten: Hipparcos-Katalog-Nr.; visuelle Grössenklasse; Spektraltyp. Die isolierte Emissionslinie stammt vom Planetarischen Nebel NGC 6905.

Was ist eine Nova?

Der Name stammt vom lateinischen «nova stella», also «neuer Stern». Gemäss heutigem Kenntnisstand ist der betreffende Stern aber keineswegs neu, sondern war vorher einfach nicht ohne grössere Instrumente sichtbar. Es handelt sich um einen gewaltigen Helligkeitsausbruch eines Weissen Zwergs.

Der Weisse Zwerg gehört einem Doppelsternsystem an. Sein Begleiter ist weniger weit entwickelt. Als normaler Stern erzeugt er seine Energie zunächst durch Fusion von Wasserstoff. Beginnt in seinem Zentrum die Heliumfusion, steigt die Kerntemperatur stark an. Der Stern muss sich ausdehnen, um das Gleichgewicht zwischen Strahlungsdruck und Gravitation aufrecht zu erhalten. Er bläht sich zu einem Roten Riesen auf, bis er irgendwann die so genannte «Roche-Grenze» ausfüllt. Ausserhalb dieser wird der Einfluss der Schwerkraft des Weissen Zwergs so gross, dass Wasserstoff des Roten Riesen auf den Weissen Zwerg hinüberströmt. Infolge des Drehimpulses des Doppelsternsystems fällt der Wasserstoff nicht senkrecht auf den Weissen Zwerg hinunter, sondern umkreist diesen spiralförmig in immer kleinerem Abstand mit zunehmender Geschwindigkeit. Es bildet sich die so genannte «Akkretionsscheibe». Turbulente Reibung innerhalb der Akkretionsscheibe bremst die Umlaufgeschwindigkeit des Gases, so dass es schliesslich bis auf die Oberfläche des Weissen Zwergs gelangt. Dort sammelt sich immer mehr Wasserstoff an und erhitzt sich stark. Wird eine kritische Temperatur von 14 Millionen Kelvin überschritten, setzt Kernfusion nach dem Bethe-Weizsäcker-Zyklus ein. Dieser Vorgang findet sonst nur tief im Innern von Sternen statt.

Die einsetzende Kernfusion erzeugt eine positive Rückkopplung, so dass es zu einer eigentlichen Explosion kommt. Die Wasserstoffhülle fliegt nun nach aussen. Durch Ultraviolettstrahlung des Weissen Zwergs wird sie zum Leuchten angeregt. Auf der Sternoberfläche gehen die Wasserstoff-Brennreserven aber rasch zu Neige und die Nova wird schwächer. Verfügt der begleitende Rote Riese noch über genügend Masse, fliesst erneut Wasserstoff über die Roche-Grenze auf den Weissen Zwerg, so dass sich später eine weitere Nova ereignen kann («rekurrierende Nova»). Novae sind nicht zu Verwechseln mit Supernovae, bei denen Prozesse im Zentrum eines Riesensterns zu einem noch viel gewaltigeren Ausbruch führen.