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Euklidleküre: Erfahrungsbericht

Theo Wirth

Euklid-Lektüre als Übergangslektüre: Erfahrungsbericht

Liebe Benützerin, lieber Benützer

Was schon lange bekannt ist, kann ich nur bestätigen: Ein Ausschnitt aus Euklids Stoicheia als Übergangslektüre im Griechischunterricht bewährt sich sehr! Ich möchte hier einen Erfahrungsbericht vorlegen und zugleich die von mir verwendete Textfassung mit Kommentar, Wörterangaben und Skizzen zur Verfügung stellen.

Materialien:

Sie bestehen in einer Textauswahl mit Hilfen.
Grundlage: der Textauszug, den stud.phil.I et math. Lucius Hartmann im Didaktikkurs des Unterzeichneten erarbeitete und ebenfalls hier zur Verfügung stellt: Texte mit Kommentar, Wörtern und Skizzen.
Inhalt der Auswahl:

  • Einleitung
  • Die Definitionen, Postulate und Axiome
  • Beweisschema anhand eines Problema; ein weiteres Problema, ein Theorema
  • Satz von Pythagoras (Theorema).
  • Kommentar, Wörterangaben und Skizzen
Änderungen gegenüber dem Textauszug von L. Hartmann:
Ergänzungen, Parallelisierung von Text und Kommentar, Abstimmung der Wörter auf das Lehrbuch (Kantharos Lektion 1 - 45) und Aufteilung in Lernwörter und Nichtlernwörter.

Situation der Lerngruppe:

Vorangegangen:

  • Lehrbuch Kantharos bis Lektion 45,
  • Erste kurze Übergangslektüre: aus Xenophons Anabasis (auf der Grundlage der Übersetzungslektüre der Bücher 1 - 5).

Erfahrungen:

Zeitbedarf für Lektüre (der vollständigen Textauswahl), Besprechung und Interpretation: 15 Lektionen à 45 Minuten, zusätzlich eine schriftliche Arbeit.
Die Schülerinnen und Schüler lesen sich sehr rasch ein; wesentlich ist für das Sachverständnis der textparallele Nachvollzug der Skizzen.

Gewählte Arbeitsformen:

  • Frontalunterricht für Einleitung und ersten Text (Proklos zu Euklid),
  • v.a. Partnerarbeit ab Definitionen,
  • Einzelarbeit dazwischen (Problema 1gamma).

Wichtige Ziele lassen sich erreichen:

Die auf Seite 4 genannten "Begründungen" können als Ziele voll erreicht und einsichtig gemacht werden. Es gibt im Griechischen wohl wenige so schlagende Belege für die direkte Kontinuität seit dem Altertum bis heute wie hier in der Geometrie, und das ist für alle Beteiligten eindrücklich (sie finden ihr eigenes Tun wieder!) - ganz besonders in der Terminologie, aber auch in der Art des wissenschaftlichen Vorgehens:

  1. Euklid legt zuerst die Grundlagen fest:
    • Die Fachbegriffe werden definiert (Definitionen),
    • die Rahmenbedingungen für das Fachgebiet werden offengelegt (Postulate),
    • die allg.-logischen Gesetze werden genannt, die benützt werden ("koinai ennoiai" Ist klarer als der Ausdruck "Axiome").
  2. Aber unbedingt zu beachten ist, dass Euklid eine Abgrenzung mit ausspricht: Ausgeschlossen ist die sphärische Geometrie und das Unendliche als Problem. Damit kann den Schülern gezeigt werde, dass jede Wissenschaft nur einen Teil der Wirklichkeit behandelt und keine umfassenden Aussagen machen kann; hier kann etwas in Richtung Wissenschaftstheorie angedeutet werden.
  3. Das in a) skizzierte wissenschaftliche Vorgehen ist ja längst vor Euklid geschaffen worden; aber wohl durch ihn ist es zum Gemeingut der Gebildeten geworden und hat auch auf ganz anderen Gebieten erstaunlich gewirkt: Theo Kobusch hat in seinem Buch "Die Entdeckung der Person", Darmstadt 19972, S. 105 f. dargestellt, "dass...die amerikanische Unabhängigkeitserklärung die Menschenrechte als jene obersten selbstevidenten Prinzipien begreift, von denen alles weitere Wissen abhängt." ... "Die Väter der Revolution (schliessen sich) mit ihrer These vom intuitiven Erkennen der unveräusserlichen Menschenrechte insbesondere der Locke'schen These an, nach der die Selbstevidenz der Axiome des Naturgesetzes analog zur Selbstevidenz mathematischer Axiome aufzufassen ist. ... Die amerikanische Revolution hat durch die Proklamierung der Menschenrechte ein für alles Wissen um den Menschen und seine Welt neues Fundament geschaffen."

Reaktion der Schüler auf die Euklid-Lektüre:

sehr positiv!

Theo Wirth

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